Geschichte


Das Dorf Usenborn, ein Stadtteil von Ortenberg, liegt unterhalb des alten Kirch- und Gerichtshügels, auf dem die St. Laurentius-Kirche steht, in einem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Seitental der Bleiche. Seine erste bisher bekannte urkundliche Erwähnung findet Usenborn im Jahre 1305, als Gerlach von Breuberg die ihm eigenen Dörfer "Berckheym, Steynbach und Usenburne" dem Grafen Gerhard von Jülich übergibt und sie wieder als Lehen empfängt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Siedlung älter als Tausend Jahre ist. Bereits vor mehr als 3000 Jahren zogen Sammler und Jäger in diese Gegend und wurden hier begraben. Davon zeugen die Hügelgräber in der Gemarkung und insbesondere entlang der alten Handelswege, der Bettenstraße und der linken Nidderstraße.

Das Dorf entstand zu der Zeit, als die Fränkischen Gaugrafen der Wetterau die Siedlungen von der bereits besiedelten Wetterau entlang der historischen Straßen in den Vogelsberg vorschoben. Das mit vielen Quellen versehene Tal des Brunnenbaches bot die Voraussetzungen für eine Ansiedlung. So sieht man eine Namensdeutung Usenborns in "Am Born des Gaugrafen Uso" (Gaugrafen mit den Namen Udo bzw. Uso sind in der Wetterau bezeugt). Der Name Usenborn kann allerdings auch aus "Ossenborn", also Ochsenbrunnen, entstanden sein.

Der Volksmund hat sich eine eigene Deutung geschaffen: Im Wald zwischen Usenborn, Lißberg und Hirzenhain stand das ehemalige Dorf Schönberg. Die Schönberger liebten ihr Dorf, hatten aber in trockenen Jahren auf dem Berge kein Wasser und mussten es weit drunten im Tal an einer Quelle holen. Als Kriegsknechte in das Dorf einfielen und es dem Erdboden gleichmachten, standen die Überlebenden vor den Trümmern ihrer Häuser und fassten den Entschluss: "Mir baue bei usem Born".

So ist Usenborn sicherlich nicht entstanden, denn Schönberg war keinesfalls älter als Usenborn. Im 15. Jahrhundert allerdings haben die Bewohner von Schönberg ihr Dorf verlassen und sind nach Usenborn gezogen.

Um das Jahr 1000 nach Christi Geburt stiftete ein vermögender Grundherr eine Kirche und stattete sie mit ca. 800 - 1000 Morgen Land aus (4 Morgen entsprechen 1 ha). Dieses Land wurde verpachtet und die Pacht diente zur Unterhaltung der Kirche und zur Versorgung des Pfarrers. Zu je 10 Morgen wurde es als eine Landhube einer Familie in Erbpacht gegeben. So kamen 80 - 100 Familien neu in unsere Gegend. Usenborn, Steinbach und Gelnhaar links der Bleiche wuchsen an und die Dörfer Schönberg und Hurtzhain wurden neu gegründet.

Die weite Streuung des damaligen Kirchenbesitzes erklärt, warum Usenborn Mutterkirche für viele umliegenden Orte wurde. Zudem erklärt sich so auch die große Ausdehnung der späteren Gemarkung Usenborn.

Der Mittelpunkt unseres Gebietes, der Mark Glauburg (ab ca. 1200 n.Chr. Mark Ortenberg) mit Kirche, Gericht, Märkten und Messen, war damals Glauberg. Dorthin bezahlte man Steuern und Pachten. Diese Mark unterstand wechselnden Herrschaften, den Herren von Trimberg und Breuberg, später denen von Eppstein-Königstein, von Hanau-Münzenberg und von Ysenburg-Büdingen.

Nachdem Graf Ludwig zu Stolberg-Königstein das Erbe des Hauses Eppstein-Königstein 1535 übernommen hatte, wurde die Lutherische Lehre in Usenborn und den anderen Dörfern des Gerichts Ortenberg eingeführt. Dies geschah, im Gegensatz zu benachbarten Orten, ohne Wirren, Unruhen, Plünderungen oder Morden. Graf Ludwig zu Stolberg-Königstein ersetzte die jeweilige Pfarrstelle mit einem Lutheraner, wenn der altgläubige Pfarrer verstorben war oder seine Stelle verlassen hatte.

Die Bevölkerung Usenborns war bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts durch den Zuzug der Bewohner der ausgegangenen umliegenden Ortschaften angestiegen. Um 1550 erfolgte eine Zuwanderung von Hüttenarbeitern und Bergleuten aus dem Harz und aus Österreich. So zählt ein "Schatz-Register" vom Jahre 1569 bereits 56 Herdstellen in Usenborn, was bei einer Bevölkerungsziffer von 5,3 Personen pro Familie schon 297 Einwohner ergibt.

In Usenborn arbeiteten eine Reihe von Nagelschmieden, die das auf der Hirzenhainer Hütte zu dünnen Stäben ausgereckte Nageleisen weiterverarbeiteten. Sie verkauften die Nägel am Ort und beschickten die umliegenden Märkte mit ihren Nägeln. Auch wohnten hier Köhler und Bergleute, die nach Eisenerz und Braunkohle gruben.

Bei der Teilung der Grafschaft Büdingen im Jahre 1601 hatten sich die drei herrschaftlichen Familien auch auf eine Teilung der Ortenberger Mark geeinigt, wobei Usenborn an die spätere Linie Stolberg-Wernigerode fiel und fortan von Gedern aus verwaltet wurde.

Um das Jahr 1600 herrschte in Usenborn ein relativer Wohlstand. Seit 1601 gab es in Usenborn eine Schule. Aber schon bald brach der 30jährige Krieg mit unvorstellbaren Schrecken, Seuchen und Qualen über die Menschen herein. Als er 1648 mit dem Westfälischen Frieden für beendet erklärt wurde, hatte Usenborn fast 2/3 seiner Einwohner verloren, das Land war verwüstet, die Sitten verfallen.

Die Zinsregister von 1626 zeigen, dass hier in Usenborn Häuser leer standen und Felder nicht mehr bewirtschaftet wurden. 1627 kam mit den durch die Wetterau ziehenden Truppen die Pest in unser Land. Das Ortenberger Kirchenbuch zählt 40 Tote innerhalb von drei Monaten. 1635 gesellte sich zu Hunger und Not wiederum die Pest, und diesmal hauste sie noch furchtbarer als zuvor. Viele Einwohner Usenborns waren vor den Soldaten in die befestigten Städte nach Ortenberg und Nidda geflohen, wo sie notdürftig in Speichern, Scheunen und Stallungen lebten. Schließlich starben viele an der Pest und wurden in Massengräbern auf den sogenannten "Pestäckern" verscharrt, weil die Friedhöfe längst nicht mehr ausreichten.

Bis zum Jahr 1678 zogen Kriegsvölker durch das Land, denn in diesem Jahr wurde in Usenborn das Kind eines durchziehenden Reiters beerdigt.

Nach diesem schrecklichen Krieg machten sich die Menschen mit großem Eifer an den Wiederaufbau. Manche kehrten erst nach Jahren in ihr Heimatdorf zurück. An die Stelle derer, die den Krieg nicht überlebt hatten, traten diejenigen, die in den verlassenen Häusern ein neues Zuhause fanden. Neue Namen hielten Einzug in das Dorf. Die Bevölkerungszahl nahm wieder zu. Lebten 1653 in Usenborn 86 Menschen, hatte sich die Zahl bis zum Jahr 1700 schon verdoppelt.

Ein Mann führte Usenborn durch die Schreckenszeiten des 17. Jahrhunderts, Adam Bergheimer, viele Jahre herrschaftlicher Schultheiß, Kirchenbaumeister, Kastenmeister und Gerichtssenior. 1681 ließ er seiner Familie einen Gedenkstein setzen, der heute im Torhaus zum Kirchhof auf der rechten Seite steht. Im Alter von 108 Jahren starb er an Ostermontag 1706.

"Nach altem Brauch und Herkommen" regelte die gräfliche Herrschaft und Regierung über die Jahrhunderte alle Bereiche des Lebens, die materiellen und geistigen, die leiblichen und geistlichen sowie die sittlichen Fragen. Als im Jahre 1736 die "rothe Ruhr" in Usenborn wütete und in wenigen Wochen 14 Menschen starben, erging auch dazu ein Erlass, "wie sich der gemeine Mann zu verhalten habe".

Erst wieder der Feldzug Napoleons nach Russland störte das geregelte Leben in Usenborn, weil 1806 mehrere junge Männer aus ihrem gewohnten Leben gerissen wurden und als Soldaten auf den Schlachtfeldern in Russland starben. Auch als Napoleon wieder aus Deutschland vertrieben wurde, waren Soldaten aus Usenborn beteiligt.

Im Jahre 1818 hatte Usenborn 491 Einwohner: 441 Lutheraner, 1 Katholiken, 4 Reformierte und 45 Juden. Nur etwa 100 Jahre bestand die kleine Judengemeinde; sie besaß eine Synagoge und auch ein Badehaus. Die Juden stellten während des Bestehens der jüdischen Gemeinde nur zwei Händler, die anderen waren wie die meisten Dorfbewohner Landwirte, Arbeiter und Handwerker (Steinhauer, Maurer, Leineweber, Schuhmacher, Schneider, Schreiner, Wagner, Musikanten und Schmiede). Knechte gab es nur wenige, jedoch eine Anzahl Tagelöhner. Erst ab 1863 gingen Arbeiter von Usenborn nach Hirzenhain "auf die Hütte".

Unter seiner Eppstein-Stolberger bzw. Stolberg-Wernigeroder Herrschaft war Usenborn stets gut lutherisch gesinnt. Die St. Laurentiuskirche war durch Jahrhunderte Zufluchtsort für alle, die ihres lutherischen Glaubens wegen in ihrer Heimat benachteiligt oder verfolgt wurden. Aus Rinderbügen und Michelau, aus Wolf, Pferdsbach, Diebach und anderen Orten kamen Menschen hierher zum Gottesdienst, zum Abendmahl, zur Beichte oder zum Konfirmandenunterricht. Manche ließen sich sogar in Usenborn einbürgern. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Usenborn gehörte mittlerweile zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt, versuchte die Landesherrschaft, die Lutheraner und die Reformierten durch eine Zwangsvereinigung in einer unierten Landeskirche zusammenzuschließen. Der kompromisslos lutherische Pfarrer Karl Kißner hatte mehrere Jahre die Gemeinde betreut und in ihrem Glauben sehr gefestigt. Die Furcht um ihr Bekenntnis und ihren Glauben ließen alle Versuche der großherzoglichen Landesregierung scheitern, die gesamte Usenborner Kirchengemeinde in die Landeskirche zu integrieren. Am 21. Juni 1874 traten viele Usenborner Familien aus der Kirche aus. Am 4. Juli 1879 gründeten diese nach vielen inneren und äußeren Schwierigkeiten eine selbständige lutherische Gemeinde. Die neue Kirche wurde bereits am Tage St. Simon und Judas, dem 28. Oktober 1875, geweiht.

Fast hundert Jahre dauerte der Zwiespalt zwischen den "Altlutheranern" und den "Landeskirchlichen" und hat das dörfliche Zusammenleben stark belastet. Diese Kirchentrennung war wohl eine der größten und nachhaltigsten Erschütterungen, die das kleine Dorf Usenborn in seiner Geschichte erfahren musste. Während der letzten Jahrzehnte ist es gelungen, den Zwiespalt zwischen beiden evangelischen Kirchengemeinden zu beseitigen, sodass die Dorfbewohner eine gut funktionierende dörfliche Gemeinschaft erfahren, zu der auch alle Dorfvereine einen erheblichen Beitrag leisten.

Publiziert am: Dienstag, 10. Februar 2009 (30464 mal gelesen)
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